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Tipps für die Pflegepraxis

So setzen Pflegefachpersonen den Expertenstandard zur Mundgesundheit richtig um

Jede Pflegefachperson benötigt Wissen zur Mundhygiene. Wir fassen die wichtigsten Tipps aus dem Expertenstandard zusammen.

Welche Aufgaben hat eine Pflegefachperson im Rahmen der Mundhygiene und Mundpflege von Patientinnen, Patienten und Pflegeheimbewohnenden? Worauf ist bei beatmeten Personen zu achten? Was ist bei Menschen mit kognitiven Einschränkungen wichtig? Antworten gibt der Expertenstandard "Förderung der Mundgesundheit in der Pflege". Wir fassen die Empfehlungen des Expertenstandards zusammen und geben praktische Tipps für die Umsetzung. 

Die Gesundheit im Mundraum beeinflusst die Gesundheit im gesamten Körper. Mangelnde Mundhygiene begünstigt unter anderem Lungenentzündungen, Diabetes, Rheuma und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Mundgesundheit ist deshalb insbesondere für pflegebedürftige Menschen wichtig. Pflegefachpersonen übernehmen dabei wichtige Aufgaben. Sie müssen

  • einschätzen, ob eine Unterstützung der Mundpflege notwendig ist,
  • Maßnahmen zur Mundgesundheit planen und durchführen,
  • pflegebedürftige Personen sowie deren Angehörige in Bezug auf Mundgesundheit beraten,
  • den Erfolg ihrer pflegerischen Maßnahmen beurteilen.

Im Expertenstandard "Förderung der Mundgesundheit in der Pflege" des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) hat ein Team aus Fachleuten Empfehlungen für die Praxis erarbeitet. Die Empfehlungen beruhen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und/oder sind mit Expertinnen und Experten abgestimmt. 

Jedes Krankenhaus und jede Pflegeeinrichtung arbeiten allerdings unter anderen Bedingungen. Individuelle Verfahrensanweisungen und Durchführungsstandards, die beschreiben, wie die Mundpflege vor Ort vorzunehmen ist, sind deshalb notwendig.

Zu diesen Festlegungen zählen zum Beispiel:

  • Vorgaben, wie die Einschätzung der Mundgesundheit erfolgen soll
  • wer wann und wie oft die Mundpflege übernimmt und deren Erfolg überprüft
  • wie die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen wie dem zahnärztlichen Praxisteam organisiert ist.

Voraussetzungen für eine gute Mundpflege

Wichtige Voraussetzung für eine gute Mundpflege ist ein Vorrat an benötigten Materialien und Hilfsmitteln. Dazu zählen:

  • eine persönliche (Schutz-)Ausrüstung
    (zum Beispiel Handschuhe, Mund-Nasen-Schutz, Visier, Taschenlampe, Mundspiegel)
  • Utensilien zum Zähneputzen
    (zum Beispiel Zahnbürsten mit unterschiedlichen Köpfen, Zahnzwischenraumbürsten, Kompressen, Zahncreme, Absaugvorrichtung mit Zubehör)
  • Hilfsmittel für die Mund- und Lippenpflege
    (zum Beispiel Lippenbalsam, pflanzliche Öle, Zungenschaber)
  • Materialien für die Prothesenreinigung
    (zum Beispiel Prothesenabzieher, Reinigungstabletten, Prothesenhaftcreme, Kompressen).

Mundgesundheitsplan unterstützt Routine bei der Mundpflege

Für die routinemäßige Mundpflege hat sich ein Mundgesundheitsplan bewährt. Dort legt das Pflegeteam fest, wer welche Maßnahmen wann und wie oft durchführt. Der Plan enthält auch Angaben zu Risiken und Besonderheiten der Mundpflege bei einer Person. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung stellt für diesen Zweck einen kostenlosen Vordruck zur Verfügung. Die sogenannte Pflegeampel ist ein praktisches Hilfsmittel, das in der Nähe einer pflegebedürftigen Person aufzubewahren ist.

Die Zusammenarbeit mit einer Zahnarztpraxis ist ein grundlegender Bestandteil eines guten Konzepts zur Mundhygiene. Zweimal pro Jahr übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten für eine Überprüfung des Mundgesundheitsplans durch ein zahnärztliches Praxisteam. Auf dessen Fachkenntnisse können Pflegende auch bei Unklarheiten oder Fragen zurückgreifen.

Karies und Parodontitis

Karies ist eine verbreitete Zahnerkrankung, bei der säurebildende Bakterien die Zähne angreifen. Zu Beginn zeigen sich oberflächliche Verfärbungen, weiße Flecken und kleine Löcher. Später reicht Karies bis zum Zahnnerv. Eine mangelnde Mundhygiene erhöht das Kariesrisiko.

Hauptursachen für Karies sind Zuckerkonsum, mangelnde Mundhygiene und Zahnbelag. Fluoridhaltige Zahnpasta und regelmäßige Kontrolluntersuchungen mindern das Kariesrisiko.

Im Fall einer Parodontitis können Bakterien über die Blutbahn zu anderen Körperstellen gelangen. Studien zu den Auswirkungen deuten auf ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle, Diabetes und Demenz hin. Wer aufgrund von Schmerzen nicht richtig kaut, riskiert zudem eine Verstopfung, Durchfall oder Blähungen. Bei Appetitverslust droht eine Mangelernährung.

Der Mundraum kann sich im Alter verändern. So ist Parodontitis unter älteren Menschen verbreitet. Die Zähne verfärben sich und sitzen – unter Umständen aufgrund von Parodontitis – oft nicht mehr so fest. Das Zahnfleisch kann sich zurückbilden, was mehr Angriffsfläche für Karies bietet. Zudem haben ältere Menschen häufig Verschleißerscheinungen an den Zähnen. Auch können Medikamente Mundtrockenheit verursachen.

Menschen mit Unterstützungsbedarf beim Essen und Trinken werden häufig mit pürierter Kost ernährt, obwohl das gar nicht nötig wäre. Wer funktionale Zähne hat, sollte diese auch benutzen, denn das Beißen und Kauen trainiert die Kaumuskulatur, beugt einem kognitiven Abbau vor, verringert das Risiko einer Mangelernährung und hilft bei der Verdauung.

Grundsätzlich ist ratsam, die pflegebedürftige Person zunächst selbst mit der Mundpflege beginnen zu lassen und erst zu übernehmen, wenn die Kräfte nachlassen. Das fördert die Selbstständigkeit.

Allgemeine Mundpflege: Die wichtigsten Basismaßnahmen

Das Zähneputzen sollte mindestens zwei Minuten dauern und zwei- bis dreimal täglich erfolgen. Je nach individueller Situation sind gegebenenfalls Abweichungen erforderlich. Orientierung bietet das KAI-Prinzip: nacheinander erst Kaufflächen, dann Außenflächen und Innenflächen putzen. Die Putzrichtung ist von rot nach weiß, also vom Zahnfleisch hin zum Zahn. Die Zähne werden dabei in kleinen kreisenden Bewegungen immer über ein bis zwei Zähne – nicht über die gesamte Zahnreihe – und mit einem geringen Anpressdruck gereinigt.

Insbesondere bei trockenen oder rissigen Lippen empfiehlt es sich, diese vor Beginn der Mundpflege mit einer fetthaltigen Salbe einzucremen, um ein Einreißen und damit Schmerzen zu verhindern.

Die Zähne sind mit einer Zahnbürste und einer fluoridhaltigen Zahnpasta zu reinigen. Für die Zahn- und Zahnfleischpflege stehen unterschiedliche Zahnbürsten zur Verfügung. Die Auswahl richtet sich nach der pflegebedürftigen Person, ihren gesundheitlichen Problemen und persönlichen Vorlieben.

Für die Reinigung der Zahnzwischenräume eignen sich Interdentalbürsten.

Das Ausspülen des Mundes mit Wasser zum Abschluss der Mundpflege ist nicht unbedingt erforderlich, denn das vermindert die kariesprotektive Wirkung der Zahnpasta deutlich.

Der richtige Umgang mit Zahnprothesen

Die Prothesenreinigung ist genauso wichtig, wie die Reinigung echter Zähne. Herausnehmbarer Zahnersatz ist nach den Mahlzeiten unter fließendem Wasser zu reinigen, Speisereste sind gegebenenfalls mit einer Bürste zu entfernen. Um eine Prothese zu entnehmen, empfiehlt sich, diese vorsichtig mit Daumen und Zeigefinger zu greifen. Bei Schwierigkeiten erleichtern Prothesenabzieher den Vorgang.

Einmal täglich sollte eine gründliche Reinigung mit einer Prothesenbürste erfolgen. Zusätzlich zur täglichen Reinigung sollte der herausnehmbare Zahnersatz dreimal in der Woche für zehn bis 15 Minuten in einer verschlossenen Prothesendose mit einer Reinigungstablette und lauwarmem Wasser gereinigt werden.

Vor dem Wiedereinsetzen sollte der Zahnersatz angefeuchtet werden. Das erleichtert das Einsetzen. Bei Anwendung von Haftcreme muss für eine optimale Wirkung die Unterseite der Prothese trocken sein und es sollte so wenig Haftcreme wie möglich verwendet werden (drei bis vier erbsengroße Portionen).

Nach dem Einsetzen sollte der Zahnersatz zehn Sekunden angedrückt werden; danach sollte für etwa zehn Minuten noch nicht gegessen werden, um die Haftwirkung zu steigern.

Zur Nacht sollte der Zahnersatz nach der Reinigung nicht wiedereingesetzt werden, sondern in einer offenen Prothesendose trocken aufbewahrt werden – sofern das die betreffende Person toleriert.

Mundhygiene: Wichtig bei Beatmung

Beatmete Personen sind besonders auf eine gründliche Mundhygiene angewiesen. Denn Bakterien aus dem Mundraum können über den Kehlkopf in die Luftröhre gelangen. Das kann eine Lungenentzündung verursachen (Ventilator-assoziierte Pneumonie). Die tägliche Mundhygiene kann die Infektionslast im Mundraum verringern und so schweren Komplikationen vorbeugen.

Selbstschutz bei der Mundpflege nicht vergessen

Wenn Pflegefachpersonen die Mundpflege bei einer pflegebedürftigen Person übernehmen, ist es wichtig, auch auf den Selbstschutz zu achten. Dazu zählt,

  • vor und nach der Mundhygiene die Hände hygienisch zu desinfizieren,
  • während der Mundpflege medizinische Einmalhandschuhe, einen Mund-Nasen-Schutz und gegebenenfalls einen Augenschutz gegen Tröpfchen und Speichel zu tragen
  • sich während der Mundhygiene hinter oder seitlich versetzt vor die pflegebedürftige Person zu stellen, falls diese unbeabsichtigt hustet oder spukt.

Mundpflege ist immer auch ein Eingriff in die Intimsphäre. Manche Pflegebedürftige finden das so unangenehm, dass sie zubeißen. Wichtig ist dann, eine desinfizierende Wundreinigung vorzunehmen, denn der Speichel im Mundraum enthält zahlreiche Keime. Auch ist daran zu denken, die Verletzung als Arbeitsunfall zu dokumentieren.

Um Bisswunden von vorneherein zu vermeiden ist es ratsam, Pflegebedürftige gut über die anstehenden Schritte zu informieren und so wenig wie möglich in den Mundraum zu fassen.

Instrumente zur Erfassung der Mundgesundheit

Mehrere erprobte Instrumente ermöglichen eine standardisierte Einschätzung der Mundgesundheit. Das DNQP gibt allerdings keine allgemeine Empfehlung für ein Instrument, da beruflich Pflegende in sehr unterschiedlichen Settings für die Mundpflege zuständig sind. Bei einem Assessment auf einer onkologischen Station einer Klinik sind zum Beispiel andere Schwerpunkte wichtig als in der ambulanten Altenpflege.

Jede Einrichtung ist deshalb gefragt, ein Instrument zu wählen, das sowohl für das Personal als auch die Pflegebedürftigen geeignet ist.

Bestimmte Kriterien sind laut DNQP aber trotzdem in jedem Fall zu erfassen:

  • Probleme in Mund, Mundhöhle oder an den Zähnen
  • Probleme mit dem Zahnersatz
  • Mundtrockenheit und reduzierter Speichelfluss
  • Mundgeruch
  • pflegerischer Unterstützungsbedarf bei der Pflege

Grundsätzlich kommt es bei der Mundpflege darauf an,

  • Selbstständigkeit zu erhalten
  • Selbstbestimmung zuzulassen
  • Gewohnheiten zu berücksichtigen
  • sorgfältig zu arbeiten

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Screening und Assessment. Ein Screening ist eine Kurzuntersuchung, die regelmäßig und standardisiert erfolgen sollte. Bei Problemen im Mundraum kommen weiterführende und umfangreichere Assessments zum Einsatz. 

E-Learing zum Expertenstandard Mundgesundheit

Einzelheiten zu den erwähnten Assessment-Tools, was zu tun ist bei Mundtrockenheit und welche Pflege bei Problemen der Mundschleimhaut sinnvoll ist, erfahren Interessierte im E-Learning "Mundhygiene und Mundpflege".

Hilfsmittel für die Mundpflege

In einer konkreten Pflegesituation können verschiedene Hilfsmittel die Mundpflege erleichtern. Spezielle Griffaufsätze für die Zahnbürste zum Beispiel können das Greifen und Halten erleichtern. Es gibt auch abgeknickte Zahnbürstengriffe.

Bei Menschen mit Behinderungen erzielen Bürsten mit mehreren Köpfen eine bessere Reinigungsleistung als normale Zahnbürsten. Bei beatmeten Personen ist eine Zahnbürste mit Absaugvorrichtung sinnvoll.

Mit einem Prothesenabzieher sind Prothesen im Mundraum leichter zu lösen.

Übernimmt eine Pflegefachperson die Mundpflege einer bettlägerigen Patientin oder eines bettlägerigen Patienten, ist darauf zu achten,

  • alle benötigten Utensilien bereitliegen zu haben (neben Zahnbürste, Zahnpasta und medizinische Einmalhandschuhe auch ein Becher mit Wasser, ein Gefäß zum Ausspucken und ein kleines Handtuch)
  • die Mundpflege mit einem Gespräch einzuleiten und so beiläufig eine Mundinspektion vorzunehmen
  • den Oberkörper der Person möglichst aufrecht zu lagern und das Bett auf Hüfthöhe der Pflegefachkraft zu fahren
  • leicht hinter der pflegebedürftigen Person an der Bettkante zu stehen.

Problemen mit Zähnen und Zahnfleisch gegenwirken

Um Zahnfleischentzündungen zu vermeiden, ist die gründliche Entfernung von Zahnbelag inklusive Reinigung der Zahnzwischenräume wichtig. Der Mundraum kann mit einer geeigneten, desinfizierenden Mundspülung gespült werden. Auch entzündungshemmende Teesorten wie Kamille oder Pfefferminze eigenen sich dafür.

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